„Schmidt macht den Anfang“ (Fränkische Landeszeitung vom 10.10.25) Besuch des Hohen Repräsentanten von Bosnien und Herzegowina- Bundesminister a.D. Christian Schmidt am 6. Oktober 2025 am Steller-Gymnasium in den Jahrgangsstufen 12 und 13

Aus mindestens zwei ganz unterschiedlichen Gründen freute sich unsere Schule ganz außerordentlich auf den Besuch des Hohen Repräsentanten von Bosnien und Herzegowina, früheren Bundesministers für Ernährung und Landwirtschaft und jahrzehntelangen direkt gewählten Abgeordneten unseres Wahlkreises, Christian Schmidt:
 Von 1967 bis 1976 besuchte er selbst unser Gymnasium und legte bei uns sein Abitur ab. Das war eigentlich schon Grund genug, den gebürtigen Obernzenner aus Anlass des 625-jährigen Schuljubiläums ans GWSG einzuladen als den aktuell international sicher bekanntesten Absolventen unserer Schule. Weitere Absolventinnen und Absolventen mit spannenden Biographien sollen folgen. Doch es gab noch einen- nicht minder wichtigen- zweiten Grund für die Einladung: Als Hoher Repräsentant für Bosnien und Herzegowina wurde der früher bei uns unterrichtete ehemalige Schüler selbst zum Unterrichtenden, konnte er doch Wissenslücken der Schülerinnen und Schüler der Jahrgangsstufen 12 und 13 füllen. Im Unterricht des Fachs Politik und Gesellschaft in der 12. Jahrgangsstufe steht laut Lehrplan das Thema „state-building“ auf dem Programm: Und aus genau diesem Grund war Christian Schmidts Expertise zur Situation in Bosnien und Herzegowina auch aus Gründen der Abiturvorbereitung von höchstem Interesse.
 Christian Schmidt entwickelte in seinem mit großer Spannung erwarteten Beitrag zunächst den historischen Bogen von der Schlacht auf dem Amselfeld zwischen Serben und Osmanen am 28. Juni 1389, dem Ursprung des zentralen serbischen Nationalmythos, über den Besuch Franz-Ferdinands, des Thronfolgers Österreich-Ungarns und seine Ermordung durch einen serbischen Attentäter am (ebenso) 28. Juni 1914, dem Auslöser des Ersten Weltkriegs. Schmidt nahm auf das sozialistische Jugoslawien unter Tito Bezug, kommentierte den teils sehr blutigen Zerfall dieses Vielvölkerstaats Anfang der 1990er: Erinnert sei hier nur an die 1425 Tage dauernde Belagerung von Sarajevo u.a. durch die Armee der bosnischen Serben und den Völkermord von Srebrenica an über 8000 muslimischen Jungen und Männern im Jahr 1995. Das Dayton-Abkommen beendete 1995 den Krieg in Bosnien und Herzegowina; gemäß dieser Übereinkunft setzt sich das Land aus zwei Entitäten zusammen – der Republica Srpska (überwiegend von Serben bewohnt) und der Föderation von Bosnien und Herzegowina (überwiegend bewohnt von Kroaten und Bosniaken) sowie dem Condominium Brčko. Der Hohe Repräsentant für Bosnien und Herzegowina überwacht seit 1995 gestützt durch eine Resolution des UN-Sicherheitsrats die Umsetzung der zivilen Aspekte des Dayton-Abkommens: Christian Schmidt bekleidet diese Funktion seit 2021. Im Anschluss an diesen historischen Rückblick beleuchtete Christian Schmidt gegenwärtige Tendenzen und Herausforderungen des Landes: Sezessionsbestrebungen der Republika Srpska, die Rolle der konstituierenden Völker der Bosniaken, Kroaten und Serbien, wechselseitige Blockaden zwischen den ethnisch verankerten politischen Parteien, die Forderung nach gleichberechtigter Partizipation seitens der Menschen, die keiner dieser drei Bevölkerungsgruppen angehören, starke Migrationstendenzen aus Bosnien und Herzegowina heraus gerade von Seiten der jungen Bevölkerung, die Sehnsucht von Großteilen der Bevölkerung nach einem friedlichen Zusammenleben, das konterkariert wird von überlauter, teils sehr hetzerischer politischer Propaganda. Wir danken Christian Schmidt sehr herzlich für den höchst lebendigen und authentischen Einblick in die aktuelle Situation in einem Land, das trotz seiner landschaftlichen Schönheit und seiner sowohl spannenden wie auch häufig grausamen Geschichte viel weniger im öffentlichen Bewusstsein verankert ist als es das verdient.  

(StD Streb)